11. Juli 2023

Digitale Währungen: Wie Geld digitalisiert wird

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Die Digitalisierung beeinflusst nahezu alle Bereiche unseres täglichen Lebens, auch das Geld. Haben die Menschen früher noch in Gold und Silber bezahlt, gibt es heute neben Bargeld und Giralgeld auch Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ether. Dr. Guido Zimmermann von der LBBW ist Experte für die Digitalisierung des Geldes und verrät, welche Entwicklungen auf uns zukommen.

In diesem Artikel erfahren Sie mehr über die historische Entwicklung unseres Gelds und über digitale Währungen. Spezifischer geht es um Kryptowährungen, die Entwicklung eines digitalen Euros und die Frage, wie die Zukunft unseres Gelds aussehen könnte.

 Die Entwicklung unserer Währungen

Unser heutiges Verständnis von Geld hat sich historisch über die Jahrhunderte entwickelt. Früher tauschte man Waren gegen Waren, bezahlte in Naturalien und später in Gold und Silber. Der Wert des Geldes war rohstoffbasiert. Dann führten die Chinesen im 10. Jahrhundert das Papiergeld ein, was wir bis heute neben den Münzen als Bargeld in unseren Portemonnaies haben. Im 20. Jahrhundert wurde das Geld dann staatsbasiert. Zum Bargeld kamen zunächst das Zentralbankgeld, dann das Giralgeld und später das E-Geld hinzu. Giralgeld wird von den Banken geschöpft und Zentralbankgeld entsprechend von den Zentralbanken wie der Europäischen Zentralbank (EZB). E-Geld wird von regulierten Nichtbanken ausgegeben, zum Beispiel von PayPal oder anderen Zahlungsverkehrsdienstleistern. Alle diese Geldformen sind besichert. Und zwar einerseits durch die Einlagensicherung und andererseits und schlussendlich für die Fähigkeit des Staats, für den Wert der Währung einzustehen.

Foto: 09910190/Adobe Stock

 Eine Übersicht der digitalen Währungen

Nachdem das Geld über Jahrhunderte staatsbasiert war, kamen auch Privatpersonen auf den Gedanken, selbst Geld zu schöpfen. Die Idee wurde im 19. Jahrhundert von den damaligen Banken in den USA verfolgt. Im Zuge der Finanzkrise kam das Thema im Jahr 2008 wieder auf, denn viele Anleger hatten das Vertrauen in die Banken verloren. Aus der Idee entstand eine neue Währung: der Bitcoin. Diese Kryptowährung – genau wie alle anderen mittlerweile rund 9.000 existierenden Kryptowährungen – ist nichts anderes als ein komplexer Softwarecode, mit dessen Hilfe man Kombinationen aus Zahlen und Buchstaben von A nach B senden kann. Privatpersonen schöpften also Wert aus dem Nichts und einigten sich im Nutzerkreis darauf, dass der Softwarecode als Geld dienen könne. Das Problem: Hinter Kryptowährungen wie Bitcoin steht kein realer Wert oder eine Einlagensicherung. Es ist lediglich ein Code, der in einem entsprechenden Personenkreis als Geld akzeptiert wird.

„Geld hat nur dann einen Wert, wenn man auch daran glaubt", sagt Dr. Guido Zimmermann, Senior Economist bei der Landesbank Baden-Württemberg. Er ist im LBBW Research tätig und beschäftigt sich mit Fragen rund um die Digitalisierung. „Aufgrund seiner mangelnden Besicherung sind der Bitcoin und andere Kryptowährungen zu volatil und damit als Zahlungsmittel ungeeignet. Es gibt weder einen Inflationsschutz, noch können Kryptowährungen als Vermögensspeicher dienen", erläutert er.

 Der digitale Euro

Im Zuge der Krypto-Entwicklung fingen auch Tech-Konzerne wie Facebook (heute Meta) an, digitale Währungen zu kreieren. Als Reaktion auf diesen Angriff auf ihr Geldmonopol entwickelten die Zentralbanken Ideen für eigene digitale Währungen, die reguliert und damit sicher sind. In der Finanzbranche bezeichnet man dieses digitale Zentralbankgeld als Central Bank Digital Currency, kurz CBDC. Die EZB hat auf dieser Basis das Konzept eines digitalen Euros entwickelt – mit dem Ziel, die Eigenschaften des physischen Euro in den digitalen Raum zu übertragen.

Bereits im Juni 2021 hat die EZB eine Design-Phase für den digitalen Euro begonnen, die jetzt im vollen Gange ist. Im Herbst 2023 soll eine Entscheidung fallen, ob der digitale Euro in eine dreijährige Testphase geht. 2026 will die EZB dann über die Einführung für die breite Öffentlichkeit beraten. Vorgesehen ist, dass Bürgerinnen und Bürger diese neue Währung in einer digitalen Brieftasche aufbewahren können, der sogenannten Wallet. Das Prinzip funktioniert ähnlich wie eine App auf dem Smartphone, über die der Nutzer Zugriff auf das digitale Konto hat und das Geld verwalten kann. Die EZB ist bereits dabei, Prototypen für solche Apps zu entwickeln. Kontoführung und Zahlungen sind in diesem Konzept kostenlos. Emittiert würde der digitale Euro durch die EZB. Das Onboarding der Kunden, sprich die Einrichtung der Wallet und des entsprechenden Kontos, sollen aber durch Intermediäre, also Banken und Sparkassen erfolgen.

Für Zahlungen über diese Wallet geht die EZB von drei Anwendungsfällen aus:

  1. Zahlungen zwischen Personen (Person-to-Person)
  2. Zahlungen zwischen Personen und Unternehmen (Consumer-to-Business)
  3. Zahlungen zwischen Personen und Staat (Government payments), z.B. Steuern oder Subventionen.

Zwar ist die Einführung des digitalen Euro noch nicht beschlossen, aber Zimmermann hält sie für sehr wahrscheinlich. „Ob der digitale Euro dann von den Bürgerinnen und Bürgern so genutzt wird, wie geplant, muss sich aber erst zeigen. Zunächst ist es wichtig, dass diese neue digitale Währung richtig reguliert ist und das Design des digitalen Euro keine strukturellen Fehler enthält. Denn die könnten zu negativen Konsequenzen in der Real- und Finanzwirtschaft führen", erklärt er.

Foto: Maksim Kabakou/Adobe Stock

 Stablecoins

Zimmermann geht davon aus, dass in Zukunft viele Geldformen parallel existieren werden: vom klassischen Bargeld über das Giralgeld der Banken, Kryptowährungen und digitalem Euro bis hin zu sogenannten Stablecoins. Stablecoins sind eine Sonderform der Kryptowährungen. Sie haben gegenüber volatilen Währungen wie dem Bitcoin den Vorteil, dass sie besichert sind. Es handelt sich also – wie der Name schon sagt – um stabile Kryptowährungen. Hinter ihnen steht ein realer Wert, zum Beispiel Geldmarktpapiere oder Anleihen. Stablecoins sind bereits auf dem Markt verfügbar. Genau wie Kryptowährungen sind sie nichts anderes als Softwarecodes, bieten darüber hinaus aber eine spannende neue Funktion: Sie sind programmierbar. Das bedeutet, der Softwarecode könnte beispielsweise so erweitert werden, dass der Coin nur in einer bestimmten Stadt ausgegeben werden kann oder dass Kinder damit keine Süßigkeiten kaufen können. Das bietet interessante Anreize, um zahlreiche, spezifisch programmierte Stablecoins auf den Markt zu bringen, zum Beispiel ein AmazonCoin oder ein SparkassenCoin. Damit bekommen die Stablecoins allerdings einen gewissen Gutscheincharakter. Genau deshalb ist eine Programmierbarkeit für den digitalen Euro nicht geplant. Allerdings sind programmierbare Zahlungen eine Option. Diese können von den Nutzern so eingerichtet werden, dass sie automatisch ausgeführt werden, wie zum Beispiel bei monatlichen Daueraufträgen.

 Chancen für die Industrie 4.0

Zimmermann sieht die Entwicklung von digitalem Euro und Stablecoins auch als Chance für Unternehmen in der Industrie und für die Industrie 4.0 allgemein: „Digitale Währungen sind nichts anderes als Softwarecodes, mit denen alles verrechnet werden kann. Stablecoins sind also perfekt für die Kommunikation von Maschinen untereinander. In Zukunft wird nämlich jede Maschine eine digitale Identität besitzen und genau deshalb können Maschinen autonom Zahlungen ausführen." Man spricht auch von Maschine-zu-Maschine-Zahlungen (M2M). Insbesondere könnten Maschinen durch derartige digitale Währungen Mikrozahlungen, das heißt Zahlungen kleiner als 1 Cent, ausführen. Mögliche Anwendungsfälle wären beispielsweise Prognosen – ausgeführt von künstlicher Intelligenz – die entlohnt werden, oder andere Dienstleistungen in einer Logistikkette.

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